Vorwort

Der Wunsch Südamerika zu bereisen steckte schon länger in mir. Nach den nicht gerade positiven Erfahrungen mit meinem Mitfahrer während meiner Mongoleireise, kam nur eine Gruppenreise, oder eine Tour auf eigene Faust in Frage. Der Veranstalter meiner Wahl hatte nur noch Platz für einen schlanken Einzylinder in seinem Container. Da war ich mit meiner fetten Kuh außen vor.

 

Nach langem und zähen Ringen gab mir meine Christine schweren Herzens grünes Licht für eine Alleinreise, danke dafür. Dann mußte alles ganz schnell gehen. Der Spediteur aus Süddeutschland, dem ich mich mit dem Rücktransport meines Motorrades aus der Mongolei anvertraut hatte, benötigte statt der 6-8 veranschlagten Wochen, fünf Monate!!! Zwei Wochen vor Weihnachten stand die Transportkiste dann endlich hier in Salzgitter. Bei Schnee und Eis erfolgte der Transport zur BMW- Werkstatt auf eigener Achse. Kein unbedingt erstrebenswertes Unterfangen. Neben der Inspektion mußte noch die linke Schaltereinheit und das vordere Federbein erneuert werden. Letzteres war von BMW nicht lieferbar und wenn mein cleverer "Freundlicher" (BMW- Händler) das Teil nicht bei einem Kollegen im Süddeutschen locker gemacht hätte, hätte ich mir die Südamerikareise für dieses Jahr abschminken können. Abgabetermin war nämlich der 18.12.2010.

 

Um es kurz zu machen, es folgten einige stressige Tage und am zweiten Weih- nachtsfeiertag stach mein Motorrad von Hamburg aus via Valparaiso Richtung Punta Arenas Feuerland in See.

Nun waren nur noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen, Weihnachten feiern, zwei Arzt-, drei Zahnarzt- und vier Impftermine wahrzunehmen, ach ja, und noch zwei Wochen Urlaub auf Teneriffa machen und zur Familienfeier ins Erzgebirge fahren...

 

Am 22. Februar soll es dann aber für mich ab Hannover nach Ushuaia gehen. Dank der Ereignisse in Sachen Gorch Fock wissen wir ja alle, wo Ushuaia liegt.

 

Die geplante Route

Von Ushuaia, Argentinien aus werde ich nach Port Williams, Chile übersetzen, um dann mit einer Fähre drei Tage lang  durch die Gletscherwelt nach Punta Arenas zu fahren. Dort nehme ich mein in der Zwischenzeit hoffentlich angekommenes Motorrad in Empfang. Wenn alles gut läuft beabsichtige ich zwei Tage später, nach Entzollung und Komplettierung meines Moppeds, auf Tour zu gehen.

 

Die alte Ruta 40 soll mich nach norden bringen. Geplante Zwischenziele sind der Gletscher Perito Moreno, der Aconcagua in Argentinien, keine Besteigung :-) die Atacama-Wüste in Chile, der Uyuni-Salzsee, der Titicaca- See in Bolivien mit seinen Binsenbooten, den ich ja schon von den Sanella- Bildern aus den Fünfzigern kenne :-) und natürlch Machu Picchu, ein von mir lang gehegter Traum, in Peru.

Wenn die Zeit dann noch reicht, würde ich gern noch den Colca- Canyon mit den Condoren und die Nazca-Linien (Erichvon Denicken läßt grüßen), besuchen.

Arica in Chile ist mein Rückflughafen und der Abgabeort für mein Motorrad. Dieses wird dann per Lkw nach Valparaiso gebracht um von da aus per Schiff nach Hamburg zu schippern. Wenn alles gut läuft soll das am 10. April, nach 48 Tagen und 8000km geschehen, wie gesagt, wenn alles gut läuft...

 

 

Die geplante Route
Die geplante Route

Es geht los... 22.2.- 26.2.2011

Deutschland - Argentinien

Bis Hannover ging alles gut. Das lag nicht zuletzt daran, dass mich Christine gebracht hat und auch beim Einchecken dabei war. Vielleicht wollte sie sicher sein, dass ich auch wirklich abreise :-)) Der freundliche Mensch am Air-France Schalter verrät mir noch, dass ich in Paris das Terminal wechseln muß. Nach eineinhalb Stunden ist es soweit und nach weiteren 35 Minuten im Shuttle erreichen wir Terminal 2E, der Rest läuft problemlos. Ich sitze in den letzten drei Metern des Riesenvogels, Reihe 46 von 50. Es schüttelt zwar ein Wenig, ist aber zu ertragen. In Buenos Aires angekommen verlasse ich den Flieger als letzter, ich habe ja zwei Stunden Zeit bis zum Anschlussflug nach Ushuaia. An der Emigration ist die Hölle los, acht Schalter mit Vereinzelungsbändern davor, aber ich habe ja Zeit. Als ich ans Gepäckband komme, räumt der Mitarbeiter bereits die nicht abgeholten Gepäckstücke vom Band. Ich kann ihm gerade noch meine Rolle abnehmen. Beim Zoll geht’s dafür fix. Niemand fragt nach dem deklarierten ALDI- Schinken und den Mettwürsten. Nun brauche ich nur noch zum Anschlussflug. Da beginnen aber die Schwierigkeiten. Die Dame an der Info verrät mir, dass ich das Terminal wechseln muß. Kein Problem, einmal um den Block und ich bin da. Leider ist auch hier nichts von einem Anschlussflug zu sehen. Endlich finde ich eine Frau, die weiß, wo es lang geht. Sachkundig tippt sie auf den Abflughafen meines Flugplans und lüftet das Geheimnis. Dies ist nicht der Flughafen für meinen Anschlussflug. Dieser liegt am anderen Ende der Stadt. Das Taxi kostet 43 US$. Nun ist Buenos Aires zum Glück ja nicht so groß und der Verkehr während der Mittagszeit nicht so dicht. Auf der achtspurigen Stadtautobahn kommen wir zügig voran, bis zum Stau. Es ist 12:30 und um 13:20 geht der Flieger. Das kann nicht gut gehen und um es abzukürzen, es geht auch nicht gut. Glück im Unglück, um 14:40 geht der nächste Flieger. Die gute Fee am Schalter gibt mir gleich zwei Bordkarten, weil wir in El Calafate mal eben zwischenlanden. El Calafate ist mein Ausgangspunkt für den Perito Moreno Gletscher und ich wollte diesen Ort schon immer mal aus der Luft sehen. Wie es im Leben so manchmal läuft, mein Flug hat eineinhalb Stunden Verspätung. Wenn mein Mittagsflug nur eine halbe Stunde Verspätung gehabt hätte...

 

Um 21 Uhr erreiche ich mein Hotel in Ushuaia. Die Dame an der Rezeption ist freundlich und weiß auch, dass es täglich zwei Fähren nach Puerto Williams gibt. Eine um 7°° und eine um 16°°. 7 Uhr ist nicht meine Zeit, ich bin ja schließlich im Urlaub. So fällt mir die Entscheidung nicht schwer. Bevor ich mich am nächsten Tag auf den Weg zum Hafen mache, frage ich noch einmal nach. Eine andere Dame an der Rezeption weiß von nichts. Sie googelt etwas ohne Erfolg und verweist mich dann an den Hafenmeister. Bald erfahre ich, dass täglich nur eine Fähre fährt und zwar um 10 Uhr. Das war’s für heute. Nun habe ich wieder ausreichend Zeit, die Fähre zu buchen, einen Schuhmacher für meinen abgerissenen Tragegurt zu finden, wegen meines Problems mit dem Internetzugang zum PC- Doktor zu gehen und das Hotel zu wechseln. Alles läuft besten, und in meinem neuen Hostal lasse ich mir ein Fischrestaurant empfehlen. Das Restaurant ist klein und unscheinbar, der Wirt freundlich. Wir einigen uns auf einen ganzen Fisch, frisch, aus hiesigem Gewässer in Butter gebraten. Der Wirt bejaht und als ich ihm noch mal tief in die Augen sehe und „seguro?“ frage, nickt er vertauensvoll. Was kommt ist eine Forelle, nicht aus hiesigem Gewässer, dafür aus hiesiger Fritüre- man kann eben nicht alles haben...

Im Hostal herrscht eine angenehme Atmosphäre, ich mag das. Menschen aus aller Welt treffen sich in einer preiswerten Unterkunft kochen selbst und kaufen das Bier im Supermarkt. Man tauscht sich aus und sammelt Informationen. Nun ist das mit dem Selbstkochen hier nicht unbedingt mein Ding. Luther sagte: Wer mit zwanzig nicht schön, mit dreißig nicht weise und mit vierzig nicht reich ist, der braucht auf nichts mehr zu hoffen. Nun ist ja allgemein bekannt, dass ich die Vierzig hinter mir habe. Man hat sein Auskommen und es reicht zum Restaurantbesuch. Der junge Typ von der Rezeption betritt mit einem Miniaturfahrrad, einem Hut bekleidet und einem Kegel in der Hand den Raum und dreht eine Runde auf dem Rad. Das ist toll, das möchte Klaus auch mal probieren. Ich frage und darf. Der Raum ist gut gefüllt mit jungen Menschen, die erwartungsvoll der Dinge harren, die jetzt wohl kommen. Ich starte und nach einem halben Meter kommt mir das Vorderrad entgegen und ich knalle mit dem Steiß auf den Fliesenboden. Zum Glück ist das Fahrrad ja nicht so hoch und ich kann mich mit dem rechten Arm noch halbwegs abfedern. So schnell gibt Klaus nicht auf. Schon in meiner Kindheit stand auf der Rückseite des Lottoscheins „Beharrlichkeit führt zum Ziel“. Also teile ich meinem neuen Freund vor dem erneuten Versuch mit, warum der erste misslang. Ich hatte keinen Hut auf. Unverzüglich setzt er mir einen wunderschönen, neuen Indiohut auf und ich starte erneut. Ich drehe eine Ehrenrunde im Empfang, verschwinde durch die geöffnete Tür im Speiseraum, um dann durch die angrenzende Küche wieder im Empfang zu erscheinen. Es  ist der absolute Wahnsinn, die Leute haben schnell ihre Fotoapparate rausgeholt, ich steige unter Applaus vom Rad und man gratuliert mit per Handschlag zu  diesem bühnenreifen Auftritt. So kann man auch als simpler Fahrradfahrer Eindruck machen.

Ich gehe noch mal die San Martin runter, um die letzten Besorgungen zu machen. Danach geht’s auf ein Bier in einen irischen Pub. Außerhalb Deutschlands gehe ich gern in einen englischen, oder irischen Pub. Die Atmosphäre ist ungezwungen und man kommt leicht ins Gespräch. Ich bestelle ein lokales Gezapftes und weil es so gut schmeckt, noch ein zweites. Da trägt meine freundliche Kellnerin drei Essen an den Tisch hinter mir. Mit dem linken Auge nehme ich ein Steak wahr. Eigentlich wollte ich ja nichts mehr essen, aber so reichlich war die Forelle ja nun auch nicht. Ich stehe auf und begutachte nach einer kurzen Entschuldigung das Steak meines Hintermanns. So etwas hätte ich auch gern, sage ich der Kellnerin. Ganz wichtig ist „Medium“, zur Sicherheit wiederhole ich es noch einmal nachdrücklich. Es kommt wie es kommt, ein tiefbraunes, trockenes, total durchgebratenes Stück Fleisch. Ich schneide es demonstrativ an, blicke in die Augen der Kellnerin, die meinen Teller kommentarlos wieder mit nimmt. Der zweite Versuch ist nahezu perfekt, zumindest was die Zubereitung anbetrifft. Nun weiß ich aus Erfahrung, dass Köche es nicht mögen, wenn man das Essen zurück gehen lässt. Ich habe fast die Vermutung, dass sie für solch einen Fall ein spezielles Stück Fleisch in der Bevorratung vorhalten, dass sie dem reklamierenden Gast dann wohl zubereitet kredenzen. Ich lasse es mir trotzdem schmecken. Während des Essens fällt mir auf, dass mich einige ganz junge Menschen von der Seite fotografieren. Ich kann das zwar nicht einschätzen, lasse mich aber dadurch nicht stören. Als ich nach dem Essen aufstehe, sehe ich an dem Platz über meinem Kopf an der Wand eine Glasvitrine in der sich ein signiertes Maradona- Trikot befindet. Man kann halt nicht überall im Mittelpunkt stehen...

 

 

Mit der Fähre von Puerto Williams nach Punta Arenas

Chile

Pünktlich um 10 Uhr legen wir, nachdem wir uns in Argentinien abgemeldet haben, Richtung Puerto Williams ab. Wir starten mit 45km/h, müssen dann aber auf gut 30 runter, weil die See im Beagle Kanal nicht mehr zulässt. Puerto Williams liegt wirklich am Ende der Welt, und trotzdem, oder gerade deshalb, kommen hier Menschen her, die dann diese letzte Insel vor Kap Horn zu Fuß, mit Zelt erwandern. Um 24 Uhr legt die Fähre Richtung Punta Arenas ab. Sie kann wohl nur zwölf Passagiere mitnehmen. Auf dem Foto sieht man meine Frage: und wo sollen wir schlafen? Man wird sehen...

Um 23:30 legen wir ab. Auf der linken Seite der Fähre befindet sich ein 1,85m breiter unterteilter Raum, in dem alles untergebracht ist. Mannschafts- und Passagierunterkünfte, die Küche mit Speiseraum und der Sanitärbereich. Gegessen wir in zwei Schichten, da nur acht Plätze vorhanden sind. Das Schlafen in den Pullmansitzen ist ähnlich wie im Flugzeug- bescheiden. Die vier Betten sind Monate im Voraus ausgebucht. Ich habe also „Pullman“. Nur einmal im Monat startet die Fähre um 24 Uhr und genau die habe ich abgekriegt. Wir haben trotzdem  Glück. Am frühen Morgen beginnt der Gletscherbereich und das Wetter ist auch gut. Die Landschaft ist traumhaft. Alles unberührte Natur, als Nationalpark geschützt. Wir  haben viele Begleiter, Albatrosse, Robben,Delphine und Orcas.

Punta Arenas - beinahe wäre es langweilig geworden

Chile

Nach 36 Stunden legen wir gegen 11 Uhr bei strahlendem Sonnenschein in Punta Arenas an. Ich fahre sogleich mit dem Taxi zur hiesigen Speditionsniederlassung. Die Dame im Empfang sagt mir, dass ich hier falsch sei und verweist mich auf die zweite Straße links. Unterwegs reißt wieder der Gurt meiner Kofferinnentasche. Diesmal nicht die genähte Stelle, sondern die Plastikschnalle. Der Transport ist wirklich mühsam. Ich komme an einem Pförtnerhäuschen an, lege meine Adresse vor und der Pförtner zeigt auf das große gelbe Haus. Nein, da komme ich gerade her. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich feststellen, dass das was jetzt abläuft, nicht unter den Verantwortungsbereich meines Hamburger Spediteurs fällt. Der freundliche Pförtner ruft auf meine Bitte hin die angegebene Telefonnummer in Punta Arenas an- ohne Erfolg. Ich bitte ihn nun in der Zentrale in Santiago anzurufen. Dort teilt man uns mit, dass mein Moto noch in Valparaiso steht. Weil eine Zollgebühr nicht entrichtet wurde, hat man den Transport gestoppt. Klaus jetzt ganz ruhig bleiben, auch wenn’s schwer fällt. In meiner Not rufe ich Olaf Kleinknecht von der Spedition „In time“ in Hamburg an und erzähle ihm die Story. Den haut es förmlich vom Hocker. Alle Beteiligten haben ihm das Okay gegeben, dass das Moto in Punta Arenas ist und jetzt kommt Gundrum...

Er nimmt sich natürlich sofort der Sache an, braucht aber Zeit. Ich suche mir erst einmal eine Unterkunft und stelle mich nach fast drei Tagen Katzenwäsche unter die Dusche. Dann folgen drei aufregende Stunden mit SMS- und Email Verkehr. Gegen 17 Uhr erhalte ich per Mail die Adresse des hiesigen Ansprechpartners, es ist die selbe, bei der ich heute vormittag schon war. Um 17:30 Uhr stehe ich bei denen wieder auf der Matte. Bevor die Lady mich wieder abweist, gebe ich ihr unmissverständlich zu verstehen, dass ich jetzt jemanden sprechen möchte. Über den Lagerarbeiter Paulo gelange ich endlich in die obere Etage zu einem Herren am Schreibtisch. Dieser versucht mir auch klar zu machen, dass ich bei ihm falsch bin. Nun werde ich leicht ungehalten und er erklärt sich bereit,  mir zu helfen, obwohl er, wie er nochmals betont, eigentlich nicht zuständig sei. Es fehlen noch irgendwelche Originalpapiere aus Valparaiso, die ich beschaffen soll. Als ich mich weigere telefoniert er mit Valparaiso und wir verbleiben so, dass ich morgen zusammen mit Paulo in das Zolllager fahre um weitere Vorgehensweisen abzusprechen.

 

Heute Morgen kommen wir im Zolllager an. Der Beamte fragt mich nach den Fahrzeugpapieren. Das ist ein gutes Zeichen, da scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Siegessicher ziehe ich die Zulassung aus dem Brustbeutel und erstarre im selben Moment. Mir wird übel, ich lese SZ-KG 43. Da müsste eigentlich KG1 stehen. Ich habe die Zulassen meines Pkw’s statt die des Motorrades mitgenommen. Mensch Gundrum !!!  Bevor ich ganz abdrehe kommt mir die rettende Idee. Ich habe ja noch die internationale Zulassung. Es funktioniert, alles geht klar. Nach einer Stunde bin ich am Ziel. Wir schlagen das Moto aus der Kiste, heben es mit einem Gabelstapler von der Palette so dass ich das Vorderrad einbauen kann und um 12 Uhr drehe ich eine Ehrenrunde auf dem Zollgelände, traumhaft. Nun lösen sich auf einmal alle Probleme in Wohlgefallen auf. Der Zoll stempelt mir das Carnet ATA ab, händigt mir eine Erlaubnis für das Motorrad für Chile aus, niemand fragt mehr nach irgendwelchen Papieren aus Valparaiso und als ich zaghaft frage wann ich wohl das Motorrad abholen könnte, gibt man mir zu verstehen, dass ich es jetzt mitnehmen könne. Ich verstehe zwar überhaupt nichts mehr, ist auch nicht erforderlich. Morgen früh wird gepackt und dann geht’s ab Richtung El Calafate.

 

Danke

Bevor die eigentliche Reise beginnt, möchte ich mich bei denen bedanken, die dazu beige-tragen haben. Mein Dank gilt  unserer Hausärztin Frau Dipl. Med. Heike Hempel und ihrem Praxisteam, die mir mit Rat und Tat und „Materialien“ zur Seite gestanden haben und mich mit allen Impfungen für dieses Unternehmen fit gemacht haben. Danke auch Thomas Richter von BMW Block am Ring, der es durch die „dezentrale Ersatzteilbeschaffung“ ermöglicht hat, dass ich mein Moto genau am letzten Tag noch versandfertig hatte, und danke für das erneute, fürsorgliche Angebot für den Fall der Fälle. Auch Olaf Kleinknecht von IN TIME Hamburg gehört in diese Reihe. Er hat es geschafft, dass mein Moto termingerecht vor Ort war. Eine Leistung, an die sich andere der Branche nicht ran getraut haben. Danke auch an Thomas Glapiak, der mir in wirklich letzter Minute ganz unbürokratisch die Koffer- und Fahrzeugaufkleber gefertigt hat. Nicht zuletzt gilt mein Dank meiner Christine, die mir das Stück Leine auch für diese Reise gelassen hat.

Punta Arenas - Puerto Natales

Chile

Im Hostal Victoria in Punta Arenas habe ich eine angenehme Zeit im familiärer Umgebung. In der Küche steht ein alter Senking Herd, von dem die Haushälterin begeistert ist. Ich verrate ihr, dass er deutscher Produktion ist und in Wolfenbüttel, in der Nähe meiner Heimatstadt, hergestellt wurde. Ich sattele mein Moto in der zur Verfügung gestellten Garage, verabschiede mich von Vater und Tochter und als ich aus der Garage auf die Straße fahre, winken sie. Ich als höflicher Mensch winke zurück und genau in diesem Moment durchfahre ich die Querrinne zur Straße hin und liege lang. Manchmal braucht man eben beide Hände am Lenker. Vater und Tochter helfen und wir stellen die Kuh wieder auf die Beine. Ich sage, wenn das der einzige Umfaller auf dieser Reise ist, soll es mir recht sein. Nun winke ich aber nicht noch einmal.

 

Entgegen meiner ursprünglichen Planung fahre ich nicht bis El Calafate, sondern ich übernachte in Puerto Natales einem kleinen Ort kurz vor der Grenze nach Argentinien. 260km für den ersten Tag sollen genug sein. Man braucht tatsächlich so 100km bis das Gehirn wieder alles zur Verfügung stellt. Es ist zwar alles da, nur für die Zugriffsberechtigung braucht’s halt etwas Praxis. In P A finde ich ein sauberes Hostal zum erschwinglichen Preis. Die Nummer 1 ist ein Mehrbettzimmer, das ich als Einzel bewohnen soll. Als ich den Gang runter gehe sehe ich ein  Zimmer mit einem schönen Bett, wie für einen Prinzen gemacht. Ich frage wie es mit der Nr. 3 steht und bekomme den Schlüssel. Als Fischrestaurant empfiehlt man  mir das „Ultima Esperanza“, die letzte Hoffnung. Die Meeresfrüchtesuppe und auch der Fisch sind hervorragend, von trockenen Weißen ganz zu schweigen. Ich bedanke mich, sage, dass ich aus Deutschland komme und daß das Essen und der Service ausgezeichnet waren. Daraufhin legt mir der Ober das Gästebuch vor. Ich möge das Gesagte doch auch niederschreiben. Wir machen noch ein Foto und ich hinterlasse meine WEB- Adresse mit der Zusage, dass ich dass Lokal erwähnen werde.

Puerto Natales - El Calafate

Chile - Argentinien

Ich fahre noch ein Stück auf der chilenischen Seite durch den Nationalpark bevor ich über die Grenze nach Argentinien gehe. Vor mir machen sich Geier an einem überfahrenen Hasen zu schaffen. Als mich ihnen nähere fliegen sie auf. Klaus möchte gern ein Foto machen. Ich wende , parke mein Moto und verstecke mich, den Fotoapparat im Anschlag. Die Geier sitzen auf den nahen Zaunpfählen und warten. „Geier sind geduldig“ ein alter Glenn Stanley Titel. Klaus auch, aber nur wenn es unbedingt sein muß, Andreas du weißt das. Nach fast zwanzig Minuten komme ich zu meinem Foto. Die Grenze auf beiden Seiten ist problemlos. Es kostet trotzdem eine Stunde, da sich unter den 15 Leuten vor mir zwei Busfahrer mit jeweils 40 Reisepässen befinden. An der Grenze beginnt der Schotter und nach 40km stoße ich auf die RUTA 40. Unterwegs treffe ich noch auf zwei argentinische Biker mit einem japanischen Chopper und einem anderen Produkt gleicher Herkunft und auf ein Paar auf einer BMW 650 GS. Da es auf der ganzen Strecke keine Raststätte gibt, mache ich internationales Mittagessen aus dem Koffer. Es gibt deutsche Mettwurst mit chilenischem Brot und Wasser, dazu einen nordamerikanischen Apfel und zum Nachtisch einen Riegel Milka, mit ganzen Haselnüssen, es können auch zwei Riegel gewesen sein.

El Calafate - die Zweite...

Argentinien

Nach 280km lande ich in El Calafate, zum zweiten Mal. Das erste Mal war ich ja schon bei der Zwischenlandung auf dem Weg nach Ushuaia hier. Ich pendele durch den kleinen Ort und finde Unterkunft im Hotel „Los Lagos“. Die Dame am Empfang ist freundlich, zeigt mir das Zimmer und nennt den Preis. Als sie hört, dass ich aus Deutschland komme, verrät sie, dass sie Müller heißt und deutsche Wurzeln habe. Ihr Großvater kam aus der deutschen Schweiz. Als ich sie, auf unsere gemeinsamen deutschen Wurzeln anspielend, nach einem Rabatt fragte, siegen leider doch ihre argentinischen Gene. Frau Müller ist trotzdem nett und hilfsbereit. Ich erfahre, dass ich morgen in eigener Regie zum Gletscher fahren kann und kein Reisebüro benötige. Ich mache mich auf den Weg zu dem von Frau Müller empfohlenen Fischrestaurant. Dieses hat leider geschlossen, nicht nur am heutigen Tag, wie sich rausstellt. Ich bummele die Hauptstraße runter und lande bei RICK’S. Auf der Karte am Fenster sehe ich „Trucha“. Das ist genau der Fisch, den ich suche. Der Ober sagt mir, dass der Fisch nicht aus dem hiesigen See sei. Den gibt es in keinem Restaurant der Stadt. Der einzige Weg sei, angeln und selbst zubereiten. Er empfiehlt mir das Menü, verschiedene Sorten gegrilltes Fleisch, soviel man möchte und Salat vom Büffet. Das ist es, ich bestelle und eine Flasche Bier. Das Lokal ist rammelvoll, gerade kommt noch ein Bus mit 40 Japanern rein, der Grillmeister in seiner Katakombe vollführt mit den zwei Macheten, mit den er eigentlich das Fleisch klein hackt, einen Säbeltanz, es ist richtig Stimmung "in die Bude". Vor dem Nachschlag zählt der Ober noch einmal die Fleischsorten auf. Ich verstehe „Horse“, blicke auf die beiden Pferdeköpfe an der Grillnische und versuche das eben gegessene, nicht identifizierte rosa Stück Fleisch einzuordnen...  Es stellt sich heraus, dass es sich hier nicht um „Pferd“ handelt. Beruhigt esse ich den Nachschlag. Zum Schluß gibt es dann noch meinen Lieblingsnachtisch, hausgemachten Flan mit Schlagsahne.

Perito Moreno Gletscher

Argentinien

Ich starte nach dem Frühstück und fahre bei Sonnenschein durch herrliche Landschaft, entland dem „Lago Argentino“. Am Parkeingang erhalte ich noch einige Informationen, fahre bis zum Ende der Straße, um dann mit einem Minibus direkt an den Gletscher zu gelangen. Der Anblick ist gewaltig. Zur Begrüßung erlebe ich einen Abbruch. Das tut einen Schlag, als ob eine Abrissbirne gegen eine Hauswand donnert, unglaublich. Ich gehe auf den gut ausgebauten Wegen von links nach rechts und von oben nach unten. Ich habe ja schon einiges in den Alpen gesehen, Alfred du erinnerst dich, aber das hier Erlebte ist einfach unvergleichlich. Nach zwei Stunden fahre ich zurück zum Bootsanleger um alles noch einmal aus der Wasserebene aus zu erleben. Wie sich heraus stellt, ist das die richtige Entscheidung. Nach den vielen Fotos stelle ich mich an das Heck des Bootes und genieße für zehn Minuten während der Rückfahrt, schweigend den Anblick. Ich bin überwältigt und dankbar zugleich.

El Calafate- Bajo Caracoles

Argentinien

Von El Calafate muß ich 32km zurück zur Ruta 40. ich überfahre den Wegweiser an einem Abzweig, wende und schaue ihn mir an, geradeaus weiter. Nach einer Weile fällt mir auf, daß mein Kollege auf dem Navi genau auf der gestern gefahrenen Route fährt. Das darf der doch eigentlich nicht. Ich reagiere aber noch nicht, obwohl alles klar ist. Erst nach einer halben Stunde halte ich an und realisiere, dass ich in die falsche Richtung fahre. Es ist unglaublich, dass ich erst so spät reagiere, zweimal 50km für’n alten Fritzen. In Tres Lagos beginnt der Schotter. Ich verlasse die Straße und biege in den kleinen Ort ein um zu tanken. Nachdem ich dreimal gefragt habe und alle in die gleiche Richtung gezeigt haben, in der ich keine Tanke finde, verlasse ich den Ort wieder. 500m weiter steht ein Tankwagen, der aber nur Wasser aus dem Fluß zieht. Auf meine erneute Frage sagt man mir, dass die Tankstelle vor mir rechts liegt. Ich fahre zurück, biege hinter einem Schotterhaufen rechts ab, und da liegt sie, schön versteckt, ohne jedes Hinweisschild. Der freundliche Tankwart  füllt mir genau 20l in den Tank. Das ist die Menge, die der Tank nach Betriebsanleitung fasst. Er war also absolut leer. Nun fahre ich ja seit einigen Tagen einen leeren Reservekanister spazieren. Jetzt sind es aber nur noch 180km Schotter bis zu meinem Tagesziel und das erreiche ich garantiert mit dieser Tankfüllung. Auf der Piste treffe ich auf zwei Argentinier mit drei Motorrädern. Die Lösung heißt, sie sind zu viert unterwegs, haben einen Platten und zwei von ihnen sind mit einem Motorrad unterwegs um den Reifen reparieren zu lassen. Ich kann nicht helfen und mache mich nach einem kurzen Schnack wieder auf den Weg. 30km weiter treffe ich auf die Hilfstruppe. Der Reifen ist repariert und sie machen gerade eine Pause, alles klar, kurzes Foto und weiter geht’s. Dann überhole ich noch einen ausgedienten, alten deutschen Polizei Mannschaftswagen. Nun verläuft die neue, schöne Straße genau parallel zu meiner Schotterpiste. Bei der nächsten Gelegenheit fahre ich auf die noch nicht frei gegebene Bahn auf. Wunderbar, nach 10km kommt ein großer Schotterberg, mit dem die Straßenbauer solche wie mich blockieren. Mich doch aber nicht, schließlich habe ich ein geländegängiges Mopped. Geschickt umfahre ich die Sperre und beim erneuten Auffahren breche ich mit dem Hinterrad in ein Sandloch ein. Nach 20 Minuten harter Arbeit und riechender Kupplung bin ich wieder flott und verlasse die ungastliche Stätte. Ja ich weiß Ulrich, erst laut rumpup... durch Südamerika fahren wollen und dann, wenn’s zur Sache geht, sich ein paar km schöne Straße erschleichen wollen. Will’s auch nicht wieder tun. Bei km 150 beginnt die neue, schöne, glatte Straße, 30km geschenkt. Ich lasse gehen und freue mich über die schöne Fahrbahn. Die Zeit vergeht, die km fliegen. Als ich wieder auf den Tacho sehe stelle ich fest, dass ich schon längst am Ziel sein müsste. An einem Gehöft halte ich und frage. Ja es ist richtig, ich bin einem Ziel vorbei. Die neue Straße hat meinen Ort einfach 30km rechts liegen lassen. Und nu? Ich müsste 65km zurück fahren sagt der nette Herr. Kommt gar nicht in Frage, das hatten wir doch heute schon mal. Und die Alternative? Die nächste Ansammlung von einigen Häusern liegt 125km vor mir. Die Straße ist gut und in einer guten Stunde bin ich da. Die Straße ist doch gut? Ich gehe noch einmal zurück ins Haus. Nein, nach 20km beginnt wieder der Schotter. Aber Benzin gibt es doch unterwegs. Nein, erst am Ziel. Es ist kurz vor 18 Uhr, ich fahre einfach los, wird schon schief gehen. Gegen 20Uhr bin ich in Bajo Carcoles. Auf der Anzeige für Restkilometer steht eine Eins. Ich bin hier wirklich am Ende der Welt gelandet. Ein Haus gleich Hotel, ein Campingplatz und eine Polizeistation, was braucht der Mensch mehr. Am nächsten Morgen steht der Polizeiwagen von gestern an der Tanke. Ich gucke, Kennzeichen aus Helmstedt, das gibt’s doch nicht. „Mensch, da hättet ihr auch in den Harz fahren können“, gebe ich scherzhaft zum Besten. „Da waren wir schon“, gibt der junge Mann schlagfertig zurück. Die jungen Leute sind in Buenos Aires gestartet, fahren Südamerika ab und gehen zum Ausgangspunkt zurück. „Bis in Machu Picchu“, verabschiede ich mich, „da gebe ich einen aus.“

Cueva de las Manos

Mit der Sackkarre transportiere ich das Gepäck vom Zimmer zum Motorrad, sehr praktisch. Mein heutiges Ziel ist die „Cueva de las Manos“. Die Höhle, in der sich unsere Vorfahren, die einige tausend Jahre vor uns zu Gast auf unserem Planeten waren, verewigt haben. Weitere Info unter http://de.wikipedia.org/wiki/Cueva_de_las_Manos . Meine Frage, ob die Straße gut ist, beantwortet der Wirt mit einem überzeugenden „Si“. Das „i“ kommt mir zwar etwas lang zogen vor, aber ich messe dem keine weitere Bedeutung zu. Kurz danach befinde ich mich auf einer üblen Schotterpiste. Zweimal 46km plus 10Euro Eintritt, sind der Preis für die Besichtigung. Die Höhle liegt im Tal des Rio Pinturas, landschaftlich sehr schön gelegen. Nach der Besichtigung mache ich mich zu meinem heutigen Tagesziel Perito Moreno auf. Perito Moreno ist kein Ort, den man gesehen haben muß. Eine staubige Hauptstraße mit unbefestigten Nebenstraßen. Auf der Suche nach einem Restaurant sehe ich eine geparkte BMW 650 GS mit dem Länder Kenzeichen GL, kann ich im Moment nicht zuordnen. Beim Essen sitzt mir schräg gegenüber ein Typ, der irgendwann auf mich zu kommt. Ich gebe ich als Motorradreisender zu erkennen und wir kommen ins Gespräch. Er kommt übrigens aus „Greenland“ und war schon wirklich überall. Zur Zeit ist er für zwei Jahre unterwegs, Europa, Island, Kanada, Südamerika... Es gibt wieder wichtige Informationen und eine Dia Schau.

Perito Moreno- Esquel

130km Schotter liegen vor mir, von denen ich 40km, in Worten vierzig, neben der schönen neuen, noch nicht frei gegebenen Straße herfahre, nur weil ich versprochen habe, keine Mätzchen mehr zu machen. Danach zeigt sich die Ruta 40 dann aber von ihrer angenehmen Seite, neu und glatt. Sie bringt mich nach Esquel, meinem heutigen Tagesziel. In Rio Mayo befahre ich die neue Dorfstraße, die plötzlich unvollendet mit einem 35cm hohen Absatz endet. Zum Glück liegen ein paar Eisenprofile herum, von denen sich eins für eine Rampe eignet In Esquel finde ein schönes Hotel, mit einem noch schöneren Parkplatz für mein Moto, zwischen Rosen gebettet. Zu dem Hotel gehört ein angrenzendes Restaurant mit guten Küche. Hier fühle ich mich wohl und nehme einen Tag Auszeit. Beim Abendessen dreht sich der Herr am Tisch vor mir öfter um, und kommt dann mit der Frage auf mich zu, ob ich deutsch spreche. Ich bejahe und wir kommen ins Gespräch. Er stammt aus Bad Sachsa im Harz, ist mit einer Argentinierin verheiratet und lebt seit dreißig Jahren in Buenos Aires- die Welt ist klein.

Esquel - Bariloche

Argentinien

Das Wetter ist nicht berauschend als ich mich auf den Weg mache. Der freundliche Nachtportier und Mädchen für alles erhält noch ein Trinkgeld, weil er mein Moto gut bewacht hat. Ich bitte ihn mir die schwere Rolle runter zu tragen, si, si. Als ich aufrödele verabschiedet er sich. Er hat noch einiges in der Stadt zu erledigen. Als ich die Rolle aus dem Eingang holen will, ist diese nicht da. Sie liegt noch vor meinem Zimmer- na ja, man kann nicht an alles denken...  Die Straße führt über ein Hochplateau von ca. 1400m. In Epuyen, halte ich an und kaufe mir an einem kleinen Verkaufsstand hausgemachten Käse. Da spricht mich eine Frau in deutsch an. Elisabeth mit ihrem Sohn Herrmann. Sie hat als 6 jährige deutsch in der Schule gelernt und es in der Zwischenzeit so gut wie nicht gesprochen. Unglaublich, dass man sich eine Sprache so lange bewahren kann. Elisabeth lebt in Buenos Aires, bereist für mehrere Monate Patagonien, um dann ein Buch über diese Landschaft zu schreiben. In El Hoyo kaufe ich mir ein halbes Baguette für einen Pesos. Das sind 18 Euro Cent. Diese Brote haben drei Sollbruchstellen, so dass man sie gut vierteln kann. Unter einer riesigen Trauerweide mache ich in Gesellschaft der Dorfjugend Mittagspause. Vor meinem Tagesziel fällt die Straße von über 1400m auf 200m ab, um dann wieder auf sie alte Höhe anzusteigen. Bariloche liegt wunderschön an Lago Nahuel Huapi, ist aber eine unschöne Stadt mit kilometerlangen Elendsvierteln. Für eine Nacht finde ich Unterkunft bei zwei älteren Senioras. Als ich das Fenster nicht aufbekomme,  kommt mir die ältere zur Hilfe. Sie pest mit ihren Krampfader verzierten O- Beinen  die Treppe runter, dass ich nur mit Mühe folgen kann.

Carlos de Bariloche- Las Lajas

Argentinien

Ich verabschiede mich von den netten Senioras und mache mich auf den Weg. Ich versuche noch eine Tanke zu finden. Fahre 5km zurück, komisch, gestern waren sie noch da... Ich fahre los, entlang dem Lago Nahuel Huapi, über 100km, der See will kein Ende nehmen, unglaublich. Es klart auf, 28°. Die Fahrt geht durch wunderschöne Natur. Eigentlich will ich nur bis Zapala, da mein Hinterradreifen sich aber aus unerfindlichen Gründen dem Ende zu neigt, versuche ich möglichst schnell nach Mendoza zu kommen. Wenn ich überhaupt eine Chance auf einen neuen Reifen habe, dann dort. Die erste Tanke ist verlassen. Irgendwo bekomme ich dann doch noch Sprit und jetzt betanke ich auch den Reservekanister. Nun werden sich manche fragen, warum fährt dieser Mensch tagelang mit leerem Kanister durch die Gegend, Erstens sind es 5kg mehr und dann muß ich ihn bein Ab- und Aufrödeln immer abnehmen, ja ich weiß.... Unterwegs treffe ich noch einen Golfspieler, der nach dem Turnier hier Urlaub macht. Ulf, so könnten wir uns auch mal treffen ;-) Mit km 300erreiche ich Tusla. Als ich mich in die Schlange an der Tankstelle einreihe, beginnt ein lautes Hupkonzert. Wieso, ich bin doch der Letzte. Nein, werde ich belehrt, die Schlange geht die Dorfstraße runter, biegt in eine Nebenstraße ab und kommt schräg hinter mir auf der anderen Straßenseite zum Vorschein. Wenn Argentinier etws hassen, dann sind das Vordrängler. Ich gebe auf und fahre zu einem Vulkanuseur die Luft überprüfen. Nach einer Fahrpause von 30 Minuten und einer Außentemperatur von 30° ergeben sich drei Bar, müsste passen. Bis zu meinem Tagesziel sind es 53km. Ich habe noch 30km gut und 5l Reservetank. Nach 16km komme ich in einen kleinen Ort. Ein entgegenkommender Lkw- Fahrer hält und fragt nach dem Wohlbefinden. Alles klar. Bin auf dem Weg nach Las Lajas. Das ist in Ordnung, aber nicht in diese Richtung, klärt mich der freundliche Fahrer auf. Irgendwo an den zwei Kreisverkehren mit drei Abfahrten habe ich mich wohl verhauen. Also zurück nach Tusla. Kurz vor dem Ort verweigert meine Kuh bei km336 ihren Dienst. Ich fülle nach und fahre wieder zur Tanke. Die Schlange ist unverändert lang und ich riskiere die restlichen 53km. Gegen 18 Uhr bin ich in Las Lajas und kehre bei einem ausgesprochen freundlichen Wirt ein. Die Einzel sind belegt und er gibt mir ein Appartement zum günstigen Preis. Die Pizza ist zwar fürchterlich, aber das Umfeld ist ausgesprochen angenehm. Er schenkt mir eine DVD über Patagonien aus eigener Produktion.


Las Lajas- Malarque

Heute ist der Tag der Begegnungen. Die erste Tankstelle ist mal wieder ausverkauft. In 100km soll es Sprit geben. Das schaffe ich. Als ich an einem Autofriedhof vorbei fahre, sehe ich mit dem rechten Auge einen R4. So ein Teil hatte ich in meinem früheren Leben auch mal. Als auf das Gelände auffahre kommt mir ein Mensch in Begleitung von mehreren Hunden entgegen. Ich besichtige den R4, oder das, was von im noch übrig ist. Es werden immer mehr Hunde. In jedem Autowrack leben welche. Ich schätze auf 15. Mein Freund lacht, über 30, nicht zu glauben. Nach einiger Zeit stoße ich auf drei Biker vor mir. Irgendwann machen sie Rast und laden mich zu einm belegten Brötchen ein. Sie wollen in 52 Tage von Ushuaia bis Equador fahren. Wir haben bis zur Atacama die selbe Route, werden uns aber wohl nicht wieder treffen, da sie größere Tagesetappen fahren. www.ushuaia-centroamerica.blogspot.com  Nun kommt endlich eine Tanke mit Sprit. Nach einem kleinen Einkauf in dem angeschlossenen Lädchen, tauchen auf einmal zwei Fahrradfahrer auf. Zwei Österreicher, Manu & Phil. www.radausflug.org  Ein junger Mann und eine zierliche junge Frau. Sie befahren die Panamericana in Nord- Südrichtung, wollte ich mal mit dem Motorrad machen. Haben in Anchorage aufgesetzt und sind auf dem Weg nach Ushuaia- der absolute Wahnsinn. Sind wohl seit knapp einem Jahr unterwegs. Wir tauschen einige Informationen aus, die beiden machen Mittagspause ich ich mich wieder auf den Weg. Kurze Zeit später muß ich wieder an sie denken, als mich der Sandsturm auf dem groben Schotter fast vom Moto haut. Das haben die beiben vor Kurzen auch durchlebt...In Malrque fahre ich erst mal zur Bank. Ich brauche Geld zum tanken. Vor der Bank steht eine Schlange on ca. 60 Menschen. Ich suche mir erst einmal eine Bleibe und bezahle mit den letzten 140 Pesos. Der Mann an der Rezeption tauscht mir noch 15 US$. In einem Supermarkt kaufe ich dafür das Abendessen ein. Es gibt Käse im Stück, in Koblauch eingelegte Oliven, die müssen gut sein, da die Verkäuferin sie auch immer nimmt, wie sie mir verrät. Dazu Brot und ein Bier. Zum Nachtisch gibt’s Bananen. Als Biertrinker hat man es hier gut. Man kann guten Gewissens von einem Bier sprechen, die Flaschen gehen nämlich bis 967cbcm. Um 23 Uhr versuche ich noch mal mein Glück bei der Bank. Die Schlange ist unverändert lang, seit nunmehr acht Stunden. Zur Erklärung, es gibt nur eine Bank in dieser Stadt in der man Geld ziehen kann. Am nächsten Morgen gehe ich noch vor dem Frühstück wieder Geld holen. Diesmal habe ich Glück, es sind nur vier Personen vor mir. Nach einer Weile stelle ich fest, dass die Automaten leer sind. Es gibt nur Kontoauszüge und die sehe ich mir lieber nicht an...

Marlaque - Mendoza

An einer Tankstelle gibt es Luft, selten genug in Argentinien. Die Zapfstelle hat zwei Schläuche. Aus einem kommt ständig etwas Luft, der andere zeigt den Luftdruck an. Und wo ist der Knopf für mehr Luft. Ich scheitere und bitte den Tankwart um Hilfe. Das Prinzip ist denkbar einfach. Mit dem einen Schlauch stellt man den Ist- Stand fest, den anderen drückt man einige Zeit auf das Ventil und misst dann mit dem ersten, um wie viel sich der Druck erhöht hat, ist doch einfach, oder? Das Wetter ist regnerisch. Ich durchfahre Gebiete in einer Höhe von 1400m. Die Temperatur beträgt 6°. Vorsichtshalber hatte ich schon die Regenkombi angezogen. Die 120km Schotter auf der Ruta 40 muß ich mir leider schenken. Wegen Geld und Benzin fahre ich geradeaus nach San Rafael. Die Bank ist schnell gefunden. Ein Biker versucht mir in Sachen Reifen zu helfen, startet eine telefonische Abfrage, scheitert aber, als ich ihm die Reifengröße sage. An der Tanke stehe ich als dritter. Der ältere Herr in Pos. 1 bleibt nach dem Betanken sitzen und wartet. Ich werde unruhig. Was ich nicht mitbekommen habe ist, das die Tankwärterin mit Pferdeschwanz wohl mit seiner Karte verschwunden ist. Endlich kommt sie zurück und hält den Rüssel bei meinem Vordermann rein und verschwindet wieder. Der Schlauch zuckt, der Tank ist voll, aber vom Pferdeschwanz keine Spur. Irgendwann erscheint sie wieder, mein Vordermann räumt den Platz, jetzt ist Klaus an der Reihe. Der Pferdeschwanz ist wieder auf Tour. Bevor ich entgültig wahnsinnig werde kommt einer der Tankwarte und erklärt mir, dass jetzt Schichtwechsel sei. Man begrüßt sich mit Küsschen, klopft sich den Staub aus der Jacke und erzählt sich was. So eine Schichtübergabe ist wichtig, Andreas du weißt das. Jetzt schreitet man zur Tat, an den vier Straßen mit jeweils 12 Zapfstellen müssen die Zählerstände dokumentiert werden. Eine andere Truppe metert mit einem 3m langen Peilstab die Pegel der vier unterirdischen Tanks aus. Dann werden in meterlangen Ausdrucken die einzelnen Betankungen dokumentiert. Es ist ein wirklich interessantes Ereignis dem ich da beiwohne. Insgesamt stehe ich wohl so eine halbe Stunde hier. Jetzt bin ich aber dran. Nach der Zwangspause fahre ich nach 1km an einer fast leeren Tankstelle vorbei... Der Rest nach Mendoza ist eine reine Fleißaufgabe. An einer Gabelung der Stadtautobahn stoße ich wieder auf meine argentinischen Freunde. Sie wollen aber weiter und nicht in Mendoza übernachten. Als erstes erfrage ich die Adressen von zwei Reifenhändlern. Mir ist wichtig einen Wegepunkt zu setzen, damit ich sie am Montag direkt anfahren kann. Ein Händler hat trotz Samstag 18 Uhr noch geöffnet und hat eine brauchbare Alternative vorrätig. Ich nehme mir ein schönes kleines Hotel mit Garage in der Innenstadt und will erst einmal einen ruhigen Sonntag verbringen.

Mendoza - Villa Unon

Argentinien

Da BMW am Wochenende geschlossen hat, hole ich mir Rat bei meinem deutschen Sonntags- Notdienst, danke Ralf. Der teilt mir die Soll- Ist Daten der Felgenbreiten der Reifen mit und so kann ich mich für den hiesigen Alternativreifen entscheiden. Man kann hier nichts bestellen, sondern nimmt, was vorrätig ist. Montag früh fahre ich zuerst zum  Honda- Händler, wie peinlich. Er hat einen verwendbaren Reifen für 100 Euro lagerhaltig, führt aber keine Montage aus. Also ist der Fall klar. Der Händler von Samstag erhält den Zuschlag und montiert für rund 130 Euro. Der Monteur arbeitet korrekt. Ausgewuchtet wird hier nicht. Ist auch nicht nötig, die alten Gewichte sind ja noch wie neu... Um 13:30 Uhr mache ich mich auf den Weg. Bis auf 40km Schotter durch die Berge komme ich gut voran. Unangenehm sind allerdings die zahlreichen Flussdurchquerungen. Ich fahre im Abstand von 5-15km zu den Andenausläufern. Das Wasser, das aus den Bergen kommt überquert die Straße, die dann eine kurze Senke macht und als Flussbett dient. Meistens sind diese Überquerungen harmlos. Es gibt aber auch welche bis 50cm Tiefe bei den man Tiefe und Untergrundbeschaffenheit nicht einsehen kann. Wenn ein Fahrzeug vor einem durchfährt kann man es aber einschätzen. Ich will mich nicht beklagen. Wenn es hier regnete, könnte ich meine Reise abbrechen. Die Seitenmoränen, die Tieflader bei der Freilegung der Straße hinterlassen und die trockenen Flussbetten sprechen eine eindeutige Sprache. Ich schieße sogar über mein ursprünglich geplantes Tagesziel hinaus und komme bei einbrechender Dunkelheit in Villa Union an.

Villa Union - Cajafate

Argentinien

Bis auf 50km Schotter erwartet mich nur gute Straße. Die Schotterstrecke führt aber durch die Sierra de Sanogaste auf über 2200m Höhe und hat es in sich. An einem Steilhang weiden Kühe. Mir ist völlig unklar, wie diese Viecher da hingelangt sind. Die Piste windet sich, an den Berg geschmiegt, durch das Gelände. Als ich wieder glatte Straße unter den Reifen habe, lasse ich es gehen. Der Neue ist ja schon eingefahren. Links und rechts schneebedeckte 4- 5000der. Unterwegs treffe ich noch zwei Franzosen auf dem Weg nach Peru und Franz, einen Kanadier, der in Ushuaia aufgesetzt hat und auf dem Weg nach Hause ist. www.travelpod.com/s/frantznoel  Es ist auch heute wieder 20 Uhr als ich an meinem Ziel Cafayate ankomme. Ich habe einen Tag rausgefahren und möchte vor dem Anstieg in die Anden noch einen Tag Pause machen. Ich finde ein kleines Hotel direkt am Zocalo, dem Platz, an dem sich das dörfliche Leben abspielt. Meistens liegt dieser vor der Kirche. In einem Restaurant gegenüber sehe ich einen Feuerschein. Ich esse das erste argentinische Steak auf Holz gegrillt. Technische Daten: Filet, Höhe 3cm, Gewicht ca. 400- 500gr, medium. Schade, übermorgen muß ich Argentinien verlassen.

Cajafate - La Poma

Argentinien

Der Tag fängt wie geplant an. Nach einem guten Frühstück mache ich mich auf den Weg. Mich erwarten 318km Schotter auf der Ruta40. Mitten im Fluß weiden die Kühe, verrückte Welt. In der steinigen Gebirgslandschaft stoße ich unverhofft auf Weinfelder. Am Nachmittag wird die Piste schmal, die Berge rücken näher. Ich passiere die letzte Station der Zivilisation vor dem Pass. La Poma, eine vielleicht 1000 Seelen Gemeinde. Es ist 18 Uhr, ich habe noch 55km vor mir. Gegen 19:30 schätze ich am Ziel zu sein. Der Weg bis hierher mit einigen Flussüberquerungen versehen, die aber gut zu meistern waren. Kurz vor 19 Uhr kommt eine tiefe Überquerung mit steiler Böschung. Ich fahre langsam durch, habe einen Stein vor dem Vorderrad, den ich nicht beseitigen kann, da ich nicht absteigen kann. Ich versuche es mit Gewalt und qualmender Kupplung, es gelingt. Beim Rausfahren des Hinterrades verliere ich für einen Moment die Bodenberührung mit den Füßen und das war’s. Das Moto liegt voll flach, auf Stürzbügel und Koffer. Ich habe auch ein Wenig Aua abbekommen. Stiche in der rechten Brust und Schmerzen am linken Daumen. Keine Chance die Kuh wieder alleine auf die Beine zu stellen. Der Mond geht auf, ich sitze, und warte auf Hilfe. Der schwache Passverkehr ist um dies Zeit völlig eingestellt, man wird sehen. Nach einer Stunde, es ist schon fast dunkel, kommt ein Unimog mit zwei Helfern. Sie teilen mir mit, dass es auf den letzten 35km bis zum Pass noch weitere vier Flussüberquerungen von mindestens dieser Dimension gibt. Ich muß für heute zurück nach La Poma. Inzwischen ist es völlig dunkel. Ei Scheinwerferlicht sieht man die Sandbetten nicht. Ich liege ein zweites mal flach, 4km vor dem rettenden Ort, dessen Lichter ich schon sehen kann. Nun ist Schicht im Schacht. Ich überlege, wie ich die Nacht gestalte. Ich sitze da und warte. Nach einer Stunde tauchen langsam große dunkele Konturen aus der Dunkelheit auf. Eine Reitergruppe beim Viehtrieb. Ich springe auf und versuche sie zu stoppen. Die freundlichen Menschen helfen mir und tragen mir noch das abgerödelte Gepäck hinterher. Die restlichen vier Kilometer werden zur Ewigkeit. Im ersten Gang schleiche ich mich zu dem Ort. Ich bin am Ende meiner Kräfte. Als ich am nächsten Morgen starten will stelle ich fest, dass der Seitenständerschalter defekt ist. Das Gehäuse hat sich in seine Bestandteile aufgelöst. Ich muß heraus finden, wie ich den Schalter überbrücke. Mir ist dabei nicht ganz wohl. Ich habe Angst mit einer falschen Schaltung das Steuergerät zu zerstören. Hilfe nicht möglich, da kein Mobilfunknetz. Versuche es in der Telefonzentrale über Festnetz, funktioniert nicht. Lerne dabei aber zufällig den Chef der Ortspolizei kennen, der Internet Anschluß zur Verfügung  stellt. Bitte bei BMW Braunschweig um Hilfe. Parallel leihe ich mir ein Vielfachinstrument beim Ortsmechanico. Ich finde die Lösung heraus, die mir Thomas Richter noch einmal bestätigt, danke an dieser Stelle.

La Poma - Leon

Argentinien

Ich bin körperlich nicht in der Verfassung für einen zweiten Versuch in Richtung Pass. Deshalb versuche ich Chile auf befestigter Straße zu erreichen. Schade, die letzten 150km auf der Ruta40 werde ich nicht fahren. Die Straße Richtung Salta ist sehr gut. Sie steigt an und erreicht  Wolkenhöhe. Die Sicht verkürzt sich auf 20m. Plötzlich verwandelt sie sich in eine glitschige Schotterpiste die in einer Passanfahrt endet. Sicht teilweise weniger als 10m, Haarnadelkurven, Steinschlag und Flussüberquerungen. Plötzlich überquert ein Fluß die Straße und stürzt auf der anderen Straßenseite 20m in die Tiefe. Für mich bedeutete das, das Ende meiner Reise. Zu meinem Glück befand sich auf der Bergseite der Straße ein 1m breiter Betonstreifen, der nur von etwa 20cm hohem Wasser überflutet wird. Ich rödele ab, trage das Gepäck auf die andere Seite und fahre los. Geschafft. Aus den stiefeln läuft zwar das Wasser, aber ansonsten ist alles okay. Das war Grenzbereich. Nach weiteren 10km hat der Alptraum ein Ende. Ich esse das letzte Stück Milka, der Rest bis Leon ist eine reine Fleißaufgabe.

Leon - San Perdo de Atacama

Argentinien - Chile

Das Wetter ist gut. Der fürsorgliche Kellner hat mein Moto mit einer Plane zugedeckt. Zum reichhaltigen Frühstück gibt es frisch gepressten Orangensaft. Ich fahre über die Wiese mit der schmalen Brücke zurück auf die Auffahrt zur N9. Schöne Landschaft, blauer Himmel mit Wattebauschwolken und lang gezogene Kurven bergauf.Trotz des positiven Umfelds fahre ich mit gemischten Gefühlen. Was erwartet mich in Richtung Pass. Die Ereignisse der letzten Tage kommen wieder in mir hoch. Die Straße ist bis jetzt aber traumhaft gut. Der Aufstieg in die Berge ist vergleichbar mit dem Stilzer Joch, nur mit einem wesentlich beeindruckenderem  Hintergrund der Bergwelt. In Purnamarca verlasse ich die N9 und biege auf die 52 ab in Richtung Paso Jama, der Grenze zu Chile. Ich versuche noch zu tanken, leider ohne Erfolg. Mitten in einer engen Ortsdurchfahrt frage ich nach Benzin. Der örtliche Verkehrsregeler verweist mich an den Straßenrand, da ich einen abbiegenden Bus blockiere. In Leon hatte mir der Kellner noch einen Kuvert mit einem Kunstdruck einer Kirche in diesem Ort geschenkt. Nun sehe ich den Tourismusrummel. Im nächsten Ort gibt es Benzin.

Der Pass mit 4220m ist gut zu erreichen. Er ist gleichzeitig Grenzstation. Der Grenzbeamte gibt mir bedauernd zu verstehen, dass gerade Schichtwechsel ist und es wohl noch etwas dauern würde. Man begrüßt sich wie gewohnt herzlich mit Küsschen und Umarmung. Eine junge Grenzerin zeigt Nachsicht mit mir und bearbeitet „meinen Fall“ noch, obwohl sie schon Feierabend hat. Mittlerweile hat der Zöllner der Spätschicht seinen Dienst aufgenommen und nimmt den nach mir gekommen Landsmann zuerst dran. Ich mucke kurz auf und der Mann vor mir tritt zu meinen Gunsten zurück. Der Zöllner ist Charls Broson zum verwechseln ähnlich. Ruhig und gelassen verlangt er nach einem DIN A4 Papier, das ich nicht zu besitzen glaube. Er gibt mir im Spaß zu verstehen, dass er mich, wenn ich das Papier nicht habe, festnehmen  müsste. Bereitwillig halte ich ihm meine beiden überkreuzten Arme entgegen. Dann fällt mir ein, dass ich ja noch den großen wasserdichten Brustbeutel im Koffer habe. Ich gehe raus, erfolgt mir. Ich biete ihm den ganzen Packen Papier an und betone nochmals dass die Einreise papierlos erfolgt sei. Nachdem er nicht fündig wurde schaue ich noch mal in den Beutel und finde ein auf DIN A5 zusammen gefaltetes Papier. Triumphierend grinst mich mein Gegenüber an. Wir gehen wieder in das Gebäude und mein neuer Freund hält meine Zollbescheinung wie eine Siegesfahne hoch am ausgestreckten Arm. Ich folge ihm und verdecke mein Gesicht verschämt mit der Hand. Nun ist aber doch erst einmal mein Hintermann dran. Die freundliche Dame aus der Frühschicht steht noch hinter der Glasscheibe. Ich frage sie, ob ihr Kollege der jüngere Bruder von Charls Bronson sei. Alles lacht nur mein Freund schmunzelt still vor sich hin. Wahrscheinlich ist ihm mein Vergleich nicht unangenehm. Nun muß nur noch das Fahrzeug identifiziert werden. Charls tippt mit dem Zeigefinger auf jeden, der einzelnen mit Sand und Staub überzogenen fünf Zeichen des Nummernschildes, abgenommen, gute Fahrt.

Und wo ist die chilenische Seite will ich noch wissen? 140km geradeaus, da kommst du direkt drauf zu. Wie bitte, 140km? Richtig verstanden, entlässt mich der sympathische Zollbeamte. Wir sind auf 4200m, es geht weiter bergauf. Bei 4500m halte ich an und ziehe mir die Regenjacke als Windstopper über. Das Thermometer zeigt 6 Grad an. Plötzlich verweigert meine gute Kuh den Dienst, zumindest teilweise.  Trotz mehr Gas fällt sie in der Drehzahl ab. Ich schalte runter und versuche erneut zu beschleunigen, ohne merklichen Erfolg. Der Blick auf den Navi gibt die Lösung, 4800m Höhe. Es ist interessant, bis 4500m läuft sie zügig wie im flachen Land. Darüber macht sich die Höhe allerdings mit einem geschätzten Leistungsverlust von ca. 50% bemerkbar. Die restliche Leistung ist zwar immer noch ausreichend, aber es wäre doch mal interessant zu erfahren, was  das Datenblatt des Motorsteuergerätes dazu sagt. Andreas, klär doch bitte mal. Ab 4832m geht’s bergab und zwar im freien Fall. Auf einer schnurgeraden Straße falle ich in wenigen Minuten auf 2400m runter. Satte 2000m Höhenunterschied. Die Temperatur steigt in dieser kurzen Zeit von 6 auf 27 Grad an, unglaublich. Ich lande in einem staubigen Ort, ohne Hinweis auf eine Grenzstation. Da ich den Einreisestempel benötige, kann ich ja nicht einfach weiter fahren. Die Lkw- Fahrer geben Auskunft. An der Grenzstation trifft kurz hinter mir eine achtköpfige argentinische BMW- Gruppe ein. Die Motorräder sind fast unbeladen, das Gepäck transportiert das Begleitfahrzeug, das wünschte ich mir manchmal auch. Der Ort ist staubig, mit unbefestigten, holprigen Straßen. Als ich nach dem Weg nach San Pedro de Atacama frage, erfahre ich, dass ich vor Ort bin...

 

Die Atacama Wüste

Chile

San Pedro - Geysire

Chile

San Pedro de Atacama - Huara

Chile

Gestern Abend hatte ich noch Kontakt mit Brian, einem Biker aus Alaska.

www.brianconcagh.com Er fährt mit seinem Freund zusammen von Anchorage bis Ushuaia. Was macht ihr mit den Bikes, wenn ihr in Ushuaia seid, will ich wissen. Zurück fahren, antwortet Bryan grinsend. Sie haben sieben Monate Zeit. Er gibt mir Informationen über Bolivien, die sich mit denen des Grönländers, den ich in Perito Moreno traf, decken. Der Uyuni Salzsee steht definitiv unter Wasser und ist somit mit dem Moto nicht befahrbar. Sie sind meine ursprünglich geplante Strecke gefahren und sind nur durchgekommen, weil sie zu zweit waren. Keine Straßen, nur Sandpisten. Ich stelle meine Streckenplanung um. Werde auf der chilenischen Seite bis Iquique fahren und von da aus nach Bolivien wechseln, um nördlich des Uyuni wieder auf meine geplante Route zu stoßen. Calama ist schnell erreicht. Dank der Umgehung brauche ich nicht durch die Stadt. Danach geht’s durch die Berge auf die Hochebene von 3500m. Als ich aus den Bergen komme erwartet mich eine krage Hochebene in 3500m Höhe. Kein Halm, kein Strauch. 52km geradeaus mit einer leichten Rechtskorrektur nach 30km. Nach 440km erreiche ich Huara, einen verlassenen, kleinen Ort und mache Quartier. Das Fenster geht zum Flur, die Bettwäsche ist noch von meinem Vorgänger, Klopapier und Handtuch auf Nachfrage. Die Wäsche wird gewechselt und der Rest nachgereicht. Bei einer älteren Seniora nebenan gibt es Abendbrot und ab ins Bett. 

 

 


Huara - Sabaya

Chile - Bolivien

Frühstück a la Card ist nicht im Übernachtungspreis enthalten, belehrt mich der Wirt. Ist mir klar, bezahle ich extra. Auf der Rechnung haben die beiden Flaschen Wasser den doppelten Preis. Der Chef versucht sich raus- zureden, gibt mir dann aber doch das Geld zurück. Schmutzige Bettwäsche und Betrugsversuch, ich verziehe mich ohne Verabschiedung. Das schwere Rolltor schiebe ich aber noch von außen zu. „Immer Mensch bleiben“ sagte schon Tegtmeier. Die Suche nach einer Tankstelle im Ort scheitert trotz mehrmaliger Nachfrage. Immer wieder schicken mich die Leute an den selben Ort, nur da ist keine Tankstelle. Ich folge einem Fußgänger, der den Weg zur Tankstelle hat. Er weist auf eine eiserne Schiebetür und gibt mir zu verstehen, dass ich klopfen solle. Ein freundlicher Herr öffnet und fragt nach meinem Begehren. Ich stehe in einer großen Lager- und Verkaufshalle. Er verschwindet hinter einer Wand und kommt mit einem 5l Glasballon wieder. Als ich bezahlen will, verweist er auf seine wohl 90-jährige Mutter, die inzwischen auch aufgetaucht ist. Ich biege genau in östlicher Richtung ab. Die Straße ist gut und bringt mich von 850m auf dem Weg zur bolivianischen Grenze auf 4300m. Das Thermometer zeigt 11° an. Gegen 13 Uhr erreiche ich die Grenze und bekomme eine Stunde geschenkt, die man mir gleich wieder weg nimmt, da die Grenze wegen Mittagspause geschlossen ist. Ich nutze die Zeit um etwas Geld zu wechseln. Nach drei vergeblichen Runden durch den staubigen Ort mit orkanartigen Böen, tausche ich in einem Krämerladen. Beim anschließenden tanken verlangt der Tankwart den doppelten Preis. Als ich aufmucke zeigt er mir ein abgegriffenes Zertifikat, das beinhaltet, dass Ausländer an der Grenze den doppelten Preis zu zahlen haben. Sollte man rund um Deutschland auch mal einführen, wegen des Tanktourismus. Die neue Betonstraße ist in 2x2m Segmenten gegossen. Die Stöße werden verfugt und jetzt kommt’s. Zuerst eine Kederschnur von der Rolle und dann mit Silikon ausgespritzt, nicht zu glauben. Um 16 Uhr stehe ich zur Abwechslung mal wieder vor einem Fluß. Der Lkw- Fahrer sagt mir auf meine Frage, dass mich davon noch vier erwarten. Ich kehre um und fahre die vier km zurück nach Sabaya, hört sich so nach Südsee an. Alles andere als das. Das einzige Hotel in diesem staubigen und verlassenen Ort hat geschlossen und so muß ich mit einer wirklich miesen Unterkunft vorlieb nehmen. Im Hof stehen drei Holzkisten mit Fleisch zum trocknen, das gleichzeitig Brutstätte und Eiablage für hunderte von Fliegen ist. Die Bettwäsche gebraucht, wird murrend neu bezogen. Danach untersuche ich den Schimmelbefall in den Zimmerecke und beschließe einen Zimmerwechsel. Die behutete Dame des Hauses zeigt auf die andere Straßenseite, soll heißen, verzieh dich. Wir einigen uns dann aber doch noch.

In diesem Ort gibt es nur eine staubige Durchgangsstraße. Wenn die Lkw’s durchrauschen vermischt sich der Staub mit dem Dieselqualm. Kein Restaurant, nichts. Ich esse zusammen mit den Lkw- Fahrern in einer Garküche am Straßenrand. Wir haben viel Spaß und sie bestätigen die vier Flüsse für morgen nur mit dem Unterschied, dass jeder eine Brücke hat. Ich habe ja vorhin nicht nach Brücken gefragt, sondern nur nach Flüssen...

 

Sabaya- Huatajata

Bolivien

Neben der Flussüberquerung von gestern  führt schon die neu aufgeschüttete Trasse mit Brücke. Mühsam finde ich eine Auffahrt, die Bauarbeiter haben Verständnis. Nach dreißig km beginnt ein Stück Betonstraße. Die wechselt zwischen Beton und Schotter. Gegen Mittag mache ich auf einer Grünfläche am Straßenrand Pause. Nachdem ich mei- nen Schinken rausgekramt habe dauert es nicht lange, bis sich ein Gast einstellt. Er bekommt wie gewohnt die Schwarte und ein Seitenstück. Um16 Uhr erreiche ich La Paz, eine Hammerstadt. Auf und zwischen Hügeln gebaut, Wahnsinn. Ich schlängele mich durch den Berufsverkehr Richtung El Alto, dem Stadtteil Richtung Titicacasee. Nach einer halben Stunde Berg- und Talfahrt frage ich vorsichtshalber noch mal einen Polizisten. El Alto liegt da oben auf dem Berg, von da komme ich gerade. Also zurück und noch einmal von vorn. Zwei Stunden später erblicke ich das Ziel meiner Wünsche, den Titicacasee. Ich halte an, genieße den Anblick und verinnerliche. Eigentlich könnte ich noch bis Copacabana weiter fahren. Die Strecke entlang des Sees ist hügelig, die Sonne steht tief. Ich werde so geblendet, dass ich zeitweilig mit einem Arm fahre, und den anderen als Sonnenblende benutze. Klaus, das hat doch alles keinen Wert. Ich halte in dem kleinen Ort Huatajata und ziehe als einziger Gast in ein schönes, aber total verwahrlostes Hotel ein. Die Seniora im Restaurant nebenan holt gerade das Reklameschild rein und schließt für mich noch einmal den Speiseraum auf. Es gibt nur ein Gericht, Forelle gebraten mit Pommes, das geht in Ordnung.

Huatajata- Puno am Titicacasee entlang nach Peru

Bolivien - Peru

Es geht entlang dem Titicacasee. Nach jeder Kurve möchte man anhalten um ein Foto zu machen. Mein Tagesziel ist Copacabana, wo ich einen Tag Pause einlegen möchte. Die Überfahrt mit der Fähre wird ein Horrortrip. Ich bleibe auf dem Moto sitzen, weil ich befürchte, dass es vom Ständer kippt. Und genau so kommt es. Kaum haben wir abgelegt, fängt das hölzerne Boot mächtig an zu schwanken. Ein Kantholz an der linken Seite verlängert mein Bein um knappe 10cm. Trotzdem kann ich das Moto kaum halten. Schweißgebadet versuche ich krampfhaft alles in der Senkrechten zu halten. In dieser Situation stellt sich ein kleiner Junge beim Versteckspielen seitlich in die 60cm zwischen mir und dem nächsten Fahrzeug. Nicht auszudenken, wenn mein Motorrad umkippt. Ich kann kein Handzeichen geben, weil ich unbedingt beide Hände am Lenker behalten muß. Nun kommt auch noch die Mutter und dreht ein Video mit dem Handy. Meine Nerven sind am Ende. Ich schreie beide an, so dass sie irritiert  die Szene verlassen. Sie haben meine Situation halt nicht erkannt. Nach zwanzig langen Minuten ist der Albtraum vorbei. In Copacabana angekommen sehe ich nur Touristenrummel am Zocalo. Das macht mir keinen Spaß. Irgendwie habe ich auch von den Menschen in Bolivien genug. Ich will hier raus. An der Grenze verläuft alles reibungslos. Da ich für Peru keine Haftpflicht habe, war im Paket Südamerika der argentinischen ALLIANZ nicht enthalten, versuche ich mein Glück an der Grenze. Leider ohne Erfolg. Die Polizisten wollen gern 50 US$ für die Erlaubnis ohne Versicherung bis Cuzco zu fahren. Da mache ich nicht mit, ohne Versicherungspapier keine Kohle. Nach einer Weile geben sie auf. Puno erreiche ich gegen 18 Uhr. Herrlich gelegen, aber staubig und schmutzig. Nach langem suchen finde ich endlich eine Bank in der Innenstadt. Ich parke verkehrsbehindernd unter den Augen der Polizei. Irgend eine Frau stellt sich mir in den Weg und hält mir einen Pullover vor die Nase, den sie mir verkaufen will.

Manchmal fällt es schwer, höflich zu bleiben. Nach einer weiteren Stunde quer durch die Stadt habe ich endlich ein Hostal gefunden. Auf meine Frage nach einer Garage zeigt das Mädchen auf den Platz vor der Rezeption. Eine Stufe zehn, die zweite kapp 30cm. Wie soll das gehen? Plötzlich hat die Gute ein Brett in der Hand, der Spätschichtler ist auch schon da und kurze Zeit später steht das Moto vor dem Fenster auf dem Hauptständer.

Titicacasee - die schwimmenden Inseln

Die Nacht war fürchterlich, ich habe kein Auge zugemacht. Liege da und japse nach Luft, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Auch tiefe Atemzüge bringen nichts. Meine erste Nacht auf 4000m. Bis 3500m ging alles gut.

Nach dem Frühstück fahre ich mit einem Tuck-Tuck zum Hafen und löse für 2,50 Euro einen Schiffsfahrschein zu den schwimmenden Inseln. Auf dem Boot begegnen mir drei Zimmerleute aus Deutschland. Sie sind zwischen zwei und vier Jahren auf Achse. Nachdem wir an der ersten Insel angelegt haben, erhalten wir eine Unterweisung in Sachen „schwimmende Inseln“. Die Inseln werden aus großen Flächen heraus gesägt, mit Pflöcken versehen an denen Leinen zur Verspannung angebracht werden und im Kreuzverbund mit Binsen bedeckt. Danach erfolgt der Hausbau. Die Fahrt mit einem Binsenboot und der Verkauf von Souvenirs werden angeboten. Danach folgt der Besuch einer größeren Insel. Ich kaufe zwei Bananen, die Verkäuferin verlangt zwei Sol (50 Eurocent). Da sie nicht wechseln kann, verweist sie mich an den Chef. Ich halte ihm einen Schein zum wechseln und meine 1,75 Sol hin. Er pickt sich einen Sol raus und gut ist die Sache. Da hat die Verkäuferin doch den doppelten Preis verlangt. Nach drei Stunden treten wir die Rückfahrt an. Dabei können wir junge Frauen in ihrer Tracht beim Volleyball spielen beobachten, ein lustiger Anblick.

Puno - Cuzco

Peru

Meine Freundin an der Rezeption zeichnet mir die Ausfahrt Richtung Cuzco auf dem kleinen Stadtplan ein. Alles klar, ich mache mich auf den Weg. Die beschriebene Route endet am Hafen in einer Sackgasse. Ich frage mich erneut durch und werde in die entgegen gesetzte Richtung geschickt. Wenn ich eine Antwort nach dem richtigen Weg bekomme, frage ich grundsätzlich nach zwei km noch einmal nach. Das Risiko eine falsche Antwort bekommen zu haben ist ganz einfach zu groß.

Auf dem Weg nach Cuzco fahre ich an einem jungen Einheimischen vorbei, der sein Mopped schiebt. Nach zwei km kommt mir der Gedanke, ob der wohl keinen Sprit mehr hat. Ich wende und erfahre, dass genau das das Problem ist. Er füllt den Inhalt des angebotenen Reservekanisters zur Hälfte in den Tank. Ich schenke ihm auch noch die andere Hälfte. Er bedankt sich überschwänglich. Frei nach Reinhard Mey- es ist schön ein guter Mensch zu sein...

Gegen 17 Uhr erreiche ich den Stadtrand von Cuzco. Es hat geregnet, die Einfahrtstraße ist eine schlammige, glitschige Schlaglochpiste auf der es im anhaltenden Berufsverkehr nur in Schüben weiter geht. Nach etwa 20km habe ich das Zentrum erreicht und finde mein Quartier, das Hostal Sophie.

Cuzco - Sprungbrett für Machu Picchu

Peru

Am nächsten Tag versuche ich eine Haftpflichtversicherung für die letzten Tage in Peru abzuschließen. Das Risiko, dass doch etwas passieren kann ist mir einfach zu groß. Es gibt zwei Büros. Die Zentral liegt am Stadtrand, ein anderes Büro ist für mich zu Fuß erreichbar. Ein Spaziergang nach dem Frühstück kann nicht schaden. Als ich vor der Hauptpost stehe in deren un- mittelbarer Nähe das Büro liegen soll, frage ich einen Polizisten, der schickt mich zurück. Als ich nach fünf Minuten nicht fündig werde, frage ich den nächsten Polizisten, der schickt mich wieder zurück. Nach weiteren 20 Minuten finde ich endlich das Büro im zweiten Stock. Der überaus freund- liche ältere Herr bietet mir einen Platz an und erklärt mit, dass Abschlüsse für ausländische Fahrzeuge nur in der Zentrale getätigt werden können. Die Zentrale hatte mir aber beide Anschriften genannt...

Ich nehme ein Taxi, das hier übrigens innerhalb der Stadt drei Sol kostet, sind wie viel Euro? Richtig, 0,75. Die Dame an der Rezeption hilft mir unbürokratisch weiter. Für 38 Euro ist mein Moto nun für ein Jahr in Peru versichert.

Ich fühle mich in Cuzco wohl, eine schöne Altstadt im Zentrum, eine gute und preiswerte Unterkunft, was will man mehr. Obwohl Cuzco nur 500m tiefer liegt als Puno mit 3900m, kann ich hier wieder halbwegs gut schlafen. Ich beschließe die restliche freien Tage hier zu verbringen, außerdem möchte ich ja auch noch nach Machu Picchu. Ich buche eine Tour für den nächsten Tag.

Machu Picchu

Peru

Um 6:45 werde ich abgeholt. Wir haben Glück mit dem Wetter. Nach zwei Regentagen scheint die Sonne. Es verspricht ein schöner Tag zu werden. Mit einem Bus sind wir nach eineinhalb Stunden in Ollantaytambo, wo der Zug nach Aguas Calientes auf uns wartet. Eine Schmalspurbahn entlang des Flusslaufes zum Teil in den Felsen geschlagen. Es rappelt und wackelt und man muß sich wundern, dass die Waggons nicht aus den Schienen springen. Es gibt kalte und warme Getränke und eine Wundertüte mit fünf Salzstangen und zwei Plätzchen. Von Aguas Calientes aus bringt uns ein Kleinbus auf den 500m höher gelegenen Ausgangspunkt zu den Ruinen. Die letzten zehn Minuten zu Fuß und dann liegen sie vor und unter mir, die Ruinen von Machu Picchu. Ein überwältigender Anblick, ich stehe da und mache mir bewusst, wo ich bin. Drei Stunden verbringe ich in der Anlage, fotografiere, sitze da und genieße und unterhalte mich mit einem Fremden- führer, der Pause macht. Es ist ein einzigartiger Anblick. Ich habe ja schon einige ähnliche Anlagen in Mexiko gesehen, aber diese hier ist mit keiner anderen vergleichbar, weder im Stil noch von der Lage. Was ich heute sehe und erlebe ist wohl der Höhepunkt meiner Reise.

Cuzco - Condoroma

Peru

Mein nächstes Ziel ist der Canyon de Colca mit dem Cruz de Condor, von wo aus man die Kondore beobachten kann. Um gut 250km Straße zu sparen, verlasse ich in Sicuani die Nationalstraße 3S und begebe mich wieder auf Schotter. Was mir nicht bewusst ist, ist, dass sich das Ganze wieder auf einer Hochebene von bis zu 4800m abspielt. Ein Gewitter zieht auf. Die Temperatur sinkt auf 5 Grad. Bei mächtigem Sturm ziehe ich die Regenjacke als Windschutz an. Es fängt an zu graupeln und kurze Zeit später folgt Schneegestöber. In Sekunden ist die Windschutzscheibe zu. Ich hänge mich rechts raus um an der Scheibe vorbei die Piste zu erkennen. Spätestens alle 20 Sekunden muß ich den Lenker los lassen, um das Helmvisier abzuwischen. Mittlerweile ist es fast dunkel geworden. Kleine Bäche bilden sich auf der Fahrbahn, die als solche fast nicht mehr zu erkennen ist. Ich gehe quasi in einen Blindflug über, und halte an, als ich nach langer Zeit endlich entgegen kommende Scheinwerfer sehe. Von den Lkw- Fahrern erfahre ich, dass der nächste Ort 6km entfernt ist. Die Abfahrt zum Ort Condorama ist durch einen festgefahrenen Sattelschlepper blockiert. Ich soll daran vorbei fahren, weigere mich aber, da nur 60cm zwischen Lkw und Abhang sind. Der Fahrer versucht den festgefahrenen Zug um drei Meter nach vorn zu bewegen. Endlich quetsche ich mich vorbei. Das Hostal ist unterste Kategorie, aber Hauptsache ein Dach über dem Kopf. Ich bin von den Knien bis zum Hintern total durchgeweicht, friere wie ein junger Hund, wechsele die Wäsche, und ziehe alles an, was ich zur Verfügung habe. Die Wirtin kocht mir einen Pott Tee. Um 19 Uhr rolle ich mich in meinen Schlafsack und decke mich mit drei Decken zu. Mit schlafen ist nichts. Auf 4763m Höhe hechele ich nach Luft und durchwache die Nacht.

Condoroma - Colca

Peru

Es ist Sonntag, die Sonne scheint, das Thermometer zeigt 3,5 Grad an. Ich mache mich auf den Weg. Der Sattelschlepper von gestern blockiert immer noch die Fahrbahn. Mittlerweile hat sich eine lange Schlange von wartenden Fahrzeugen gebildet. Manchmal ist es doch gut ein Zweirad zu fahren. Nach 70km habe ich wieder 30km Asphalt unter den Rädern und gleite im Tal des Colca Flusses entlang Richtung Colca, das ich gegen 16 Uhr erreiche. Das Moto kommt wieder in die Rezeption und nach einem Besuch beim Bankomaten verfüge ich auch wieder über Geld für ein Abendessen. Das Angebot ist zwar bescheiden, aber nach dem gestrigen Tag sind es die Ansprüche auch.

Colca - Huambo

Peru

Vor dem Start kaufe ich mir noch zwei Mangos und drei Bananen als Tagesverpflegung. Bis zu meinem heutigen Ziel Huambo ist mit keinem weiteren „Essen fassen“ zu rechnen. Das Colca- Tal ist traumhaft schön und so fällt der Schotter nicht weiter ins Gewicht- vorerst. Bauern, die ihre Lamas kennzeichnen, winken mich zu sich heran und laden mich zu einem Becher Lamamilch ein. Ab 9:30 Uhr kommen mir die ersten Touri- Busse auf der Rückfahrt vom Kondor Aussichtspunkt entgegen. Als ich eine Stunde später dort ankomme, verlassen die letzten drei Busse die Szene. Die Souvenir- Verkäuferinnen packen ihre Sachen zusammen und nehmen den nächsten Bus nach Hause. Die Kondore haben offensichtlich auch schon Feierabend gemacht und so habe ich den Aussichtspunkt ganz für mich allein. Ich lasse mir eine Mango schmecken und genieße den Blick ins Tal. Hier war wieder einmal der Weg das Ziel. Die Bergwelt ist unbeschreiblich schön, die Schotterpiste fast nicht befahrbar. Alles läuft nach wie vor im Bereich 4000m. Auf einer mit gelben Blumen übersäten Bergweide steht eine Kuh mit Kälbchen. Plötzlich sehe ich ihn über mir, einen einzelnen Kondor. Er gibt eine zweiminütige Privatvorstellung und verschwindet dann hinter der nächsten Bergkuppe. Als ich bergauf anhalte und zwei Einheimische, die auf einer chinesischen 200er unterwegs sind, nach dem Weg frage, dreht das Hinterrad beim Anfahren auf grobem Schotter durch und bricht aus- das war’s, ich liege flach. Nach Abrödeln kann ich aber aus eigener Kraft die Kuh wieder auf die Beine stellen. Kurz vor Huambo versperrt ein riesiger Steinschlag den Weg. Drei Männer, bewaffnet mit zwei Moniereisen und einem Vorschlaghammer, sind damit beschäftigt, den riesigen Felsbrocken zu zerkleinern. Das ist doch eine Arbeit für ein Jahr scherze ich. Nein, nein erwidern die drei, in drei Tagen haben wir ihn zerlegt, nur mit Muskelkraft. Ich wünsche frohes schaffen. In Huambo ziehe ich in ein neu erbautes Hostal ein und stelle mein Moto bei der Ortspolizei ab. Das einzige „Restaurant“ schenke ich mir nach näherer Besichtigung und esse an einer Garküche in netter Damengesellschaft vor der Kirche.

Huambo - Ilo

Peru

Es folgen noch 150km genüssliche Schotterpiste durch die Bergwelt und anschließende Wüstenlandschaft mit einer eingestürzte Brücke, die mit drei Bohlen a’ 30cm notdürftig repariert ist.

Dann plötzlich sattes Grün mit Vieh- und Landwirtschaft mitten in der Wüste, Wasser macht’s möglich. Irgendwann habe ich den Schotter  hinter mir und bin 2000m tiefer. Nach drei Tagen wieder Asphalt, das wurde aber auch wirklich Zeit. Es ist schon später Nachmittag, die Straße ist super und ich möchte heute noch unbedingt an die Pazifikküste nach Ilo. So spule ich die letzten 200km auf der 1S, der Panamericana Sur, ab. Kurz nach 18 Uhr, bei einbrechender Dunkelheit, befinde ich mich im Landeanflug auf Ilo. Ich bin an diesem Tag von 4500m auf Meereshöhe abgestiegen. Nicht wie in San Pedro de Atacama im freien Fall, sondern in stundenlanger, mühseliger Kleinarbeit.

Ilo - Tacna

Peru

Ich fahre an den Strand und möchte gern auf die Landzunge mit dem Leuchtturm. Leider verwehrt eine Mauer den letzten Kilometer- Naturschutzgebiet, ist in Ordnung. So verweile ich zwei Stunden in der Bucht davor, die ich für mich alleine habe, bei Wasservögeln und fischenden Pelikanen, lasse mir die zweite Mango schmecken und blicke nach Nordwesten Richtung Wladiwostok. Ich stehe auf der anderen Seite dieses Ozeans, wenn auch ein kräftiges Stück südlicher. In Puerto Grau, einem kleinen Fischerdorf, mache ich Mittagspause und bekomme noch einmal frischen Fisch.  Knapp vor Einbruch der Dunkelheit erreiche ich Tacna, meine letzte Station vor Ende der Reise

Tacna - Arica

Peru - Chile

Noch 96km bis zum Ziel. Peru verabschiedet sich mit einem großen Torbogen über der Bahn und bedankt sich für den Besuch. Als ich zum dritten Mal in Chile einreise, gibt’s ein Problem mit dem Carnet ATA. Der Zollbeamte besteht auf einem Papier aus dem Dokument, das aber nicht mehr vorhanden ist. Auf meinen Vorschlag, das Dokument zu kopieren, entgegnet er, dass er extra für die Einarbeitung dieses Zollabfertigungsverfahrens in Madrid war. Manchmal wünscht man sich ja kompetente Beamte, manchmal sind sie nicht unbedingt von Vorteil... Der Vorgesetzte, ungefähr in meinem Alter, klärt souverän – Fotokopie.

Arica Chile - Ende der Reise

Dank der GPS- Daten, die ich mir aus Google- Earth geholt habe, finde ich das Büro des hiesigen Agenten mühelos. Es liegt im achten Stock eines 16 stöckigen Hochhauses, in dem auch der deutsche Honorarkonsul untergebracht ist, also in bester Gesellschaft. Der Papierkram benötigt seine Zeit, läuft aber letztlich ohne Probleme. Am nächste Tag gebe ich mein Moto, nachdem ich es verschlankt habe, im Containerhof ab. Die Kiste will man Anfang nächster Woche bauen. Ich spreche die Details mit Jose Valdes ab und fahre mit ihm zurück in die Stadt. Am Nachmittag erfahre ich an der Rezeption von einem Anruf. Ich muß morgen noch einmal ins Office. Wie sich am nächsten Tag heraus stellt ist der Grund ein Notarbesuch. Meine Unterschrift unter der Zollabtrittserklärung allein reicht nicht. Das Ganze muß noch mit einem Daumenabdruck meinerseits und der Unterschrift des Notars beglaubigt werden.

Am Abend genehmige ich mir noch ein leckeres Abschiedsessen. Vorspeise, Meeresfrüchte "buen mujer", Hauptgang, Fisch aus hiesigem Gewässer, zum Nachtisch Flan hausgemacht und einen chilenischen trockenen Weißen. Der Wirt gegrüßt seine bekannten Gäste und geht an mir vorbei, aber nicht mit Klaus. Ich gehe an seinen Tisch, stelle mich vor und sage, daß ich nach zwei Monaten durch Südamerika mit dem Motorrad extra auf Empfehlung sein Restaurant besuche und das ohne "abrazo grande" ? Er lacht, holt die vermißte Umarmung nach und klopft mir den Staub aus der Jacke.

Das Taxi zum Flughafen holt mich pünktlich um 6 Uhr am nächsten Morgen ab. 30 Stunden später nimmt mich Christine in Begleitung lieber Freunde in Hannover in Empfang.

Rückblick

Sieben Wochen und 10000km, davon 9300km mit dem Motorrad, liegen hinter mir. Eine Reise, die nicht immer einfach war, aber mit Abstand zu den schönsten und eindruckvollsten gehört, die ich je unternommen habe.

 

Ich hatte bewusst die alte Nord- Südverbindung und damit die Streckenführung der Ruta 40 gewählt. Mir war bei der Planung allerdings nicht bewusst, auf welche Schwierigkeiten ich dabei stoßen würde. Auch wenn ich manchmal eindeutig an meine Grenzen gestoßen bin, bedauere ich im Nachhinein nicht, diesen Weg gewählt zu haben. Er hat mich erleben lassen, was ich sonst nicht erlebt hätte. Faszinierende Landschaften und liebenswerte Menschen.

 

Mir ist auch auf dieser Reise immer wieder Hilfe und Unterstützung widerfahren. Einige Probleme waren hausgemacht, die ich aber mit etwas Glück gut meistern konnte. Auch wenn es manchmal so schien, als ob es nicht weiter ginge, fand sich letztlich immer eine Lösung.

 

Die Reise war schön, spannend und anstrengend zugleich, vom ersten bis zum letzten Tag. Ich bin froh und dankbar für das Erlebte und vor allem dafür, alles unbeschadet überstanden zu haben.

 

 

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Wer kein Ziel hat, für den ist jeder Weg der richtige...

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